Für die, die's interessiert...
Strange Reality.
Es gibt Dinge auf dieser Welt, die einen bei näherer Betrachtung immer und immer wieder überraschen. Fragen wie:
Wie haben ein staturmäßig vom Schicksal Benachteiligter und ein gut ein Kopf größerer blondkrauser Afroschopf, die nebeneinander ein bißchen aussehen wie zwei ungleiche Topfpflanzen auf dem Fensterbrett - ein Duo, das man auf der Straße unter normalen Umständen höchstens mit einem Schmunzeln bedenken würden, bevor man weitergeht - wie haben es diese zwei geschafft, daß ihnen 1981 im Central Park mehr als eine halbe Million Menschen wie Süchtige an den Lippen hängen, auf jedes Wort, jede Regung, jeden Gesichtsausdruck reagieren, über 70 Minuten lang, ohne auch nur den Anflug von Langeweile?
Und die Antwort ist, wie so oft bei den mehr oder weniger großen Fragen dieser Welt, verblüffend einfach: Mit einer Gitarre. Mehr wäre die meiste Zeit gar nicht nötig, denke ich immer wieder, während ich zuschaue, doch die Band ist wegen unterstützender Hinter-Gründe dann trotzdem einfach irgendwie da.
Da steht dieser kleine Mann mit der Gitarre neben dem großen Mann mit der Stimme und "rockt das Haus", wie es neu-"deutsch" so unschön heißt. Minimalistisch, von der Kleidung bis zur geradezu nicht existenten Bühnenshow, und doch erfolgreicher und (vor allem) prägender als jede Boygroup - wenn man netterweise mal von den Beatles absieht. Alles ganz bescheiden, denn schließlich ist es für die beiden New Yorker ein "neighborhood concert".
Und die Songs? Gut, solide, harmonisch, zum Mitsingen. Mit Texten, die sogar Sinn ergeben, oft zum Nachdenken, oft zum Schmunzeln. Songs, wie sie heute schon fast gar nicht mehr geschrieben werden. Alle bis auf drei dem großen Hirn des kleinen Mannes entsprungen. Und der wird - nebenher, subjektiv, irgendwie - mit jedem Lied immer attraktiver.
Zwei Topfpflanzen, die Musikgeschichte schrieben.
Die, die sie kennen, wissen, von wem ich rede (oder auch nicht). Die, die sie nicht kennen, halten mich gerade wahrscheinlich für ziemlich bekloppt. Aber damit kann ich leben. Muß ich ja sowieso.
Natürlich rede ich von Simon & Garfunkel.
Und warum rede ich von Simon & Garfunkel? Weil heute meine Import-DVD von dem Konzert angekommen ist. Weil ich wieder ein bißchen nostalgisch zurückblicken konnte. Weil ich mir wieder einmal wünschte, daß ich dabeigewesen wäre (sprich: daß meine Eltern die Planung meines Licht-der-Welt-Weblickens ca. 20 Jahre vor- und ein paar tausend Kilometer näher an New York verlegt hätten). Weil ich wieder erkannt habe, warum ich nach über 10 Jahren und nach all den noch so exotischen Ausflügen in den japanischen Gothic Pop oder Visual Rock oder sonstiges immer wieder (früher oder später) hierhin zurückkehre.
Ein kleines bißchen wie der kleine Paul Simon selbst.
Und ein kleines bißchen wie "nach Hause kommen". Irgendwie.
PS:
Hier gibt's übrigens die DVD.