Ein denkwürdiger Film. Wie die meisten kenne ich Ed Wood aus dem Film gleichen Namens, der sich der verstörenden wie verstörten Persönlichkeit des vielleicht schlechtesten Regiesseurs aller Zeiten mit Ironie, aber nicht ohne Respekt vor seinem tragikomischen Leben widmete.
Auch Woods unvergeßliches / unverzeihliches Meisterwerk
Plan 9 from Outer Space habe ich mir bereits in jungen Jahren zu Gemüte geführt (das Video lag vor Jahren dem Computerspiel zum Film bei). Niemand, der die Komposition aus wackelnden Pappgrabsteinen / -charakteren, an Bindfäden umherschwebenden UFOs und unvermittelten Auftritten von Bela Lugosis Zweimeterschweden"double" gesehen hat, wird so schnell aus dem Lachen herauskommen oder diese Erfahrung je vergessen.
Um so erfreulicher, daß mir jüngst ein weiteres von Woods Werken vor Augen gekommen ist, das ich nur in wärmsten Tönen empfehlen kann:
Glen or Glenda, ein Manifest für das Transvestitentum.
Worum geht's?
Ein nicht näher bezeichneter Polizeiinspektor wird mit dem Selbstmord eines Transvestiten konfrontiert, der es laut Abschiedsbrief nicht mehr aushielt, immer wieder von der Polizei in Frauenklamotten aufgegriffen und wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses verurteilt zu werden. Der Inspektor, verstört und ergriffen von diesem für ihn gänzlich neuen Phänomen und allem Anschein nach ein großer Menschenfreund, sucht Rat bei einem Psychologen, um sich eingehend zu informieren (Bild).
Zu Illustrationszwecken plaudert der Psychologe aus dem Nähkästchen und erzählt die Geschichte von Glen, einem Mann mit einer Vorliebe für Frauenkleider (Bild).
Der Film dehnt sich hier ein wenig und reitet ein paarmal zu oft auf seiner Botschaft herum, daß Transvestiten eigentlich ganz normale, nette Männer sind, nicht zwangsläufig homosexuell usw. Das ganze nimmt sich für 1953 erstaunlich freizügig in der Ansprache des Problems aus - man mag sich gar nicht vorstellen, welche moralische Entrüstung ein solcher Film damals beim Publikum hervorgerufen haben mag (wabernde Bilder von einer auf die Erhaltung der "guten Sitten" eingeschworenen Zensurpolitik der Studios treten vor mein - filmhistorisch jedoch unbewandertes und daher leicht zu beeindruckendes - geistiges Auge).
Ein Grundproblem Ed Woods tritt jedoch auch hier wieder zu Tage: Daß er die philanthropische Botschaft durch Momente schierer Lächerlichkeit konterkariert, die ihm offenbar in keinster Weise bewußt waren. Momente, wie sie gehäuft in einem wirren Traum Glens auftauchen: Eine sexuelle Phantasie incl. Fesselspielchen (1953!!) ...
... der Auftritt des Herrn rechts im Bild ...
Nicht zu vergessen: Die völlig unmotiviert eingestreuten Kommentare Bela Lugosis, die in keinem ersichtlichen Zusammenhang zur Handlung stehen.
Fazit: Unbedingt sehenswert! So seltsam sich das anhören mag, der Film hat mich berührt - Woods Mut, seine eigene Vorliebe fürs Crossdressing im Jahre 1953 zum Thema eines Films zu machen (noch dazu spielt er die Hauptrolle als Glen / Glenda), zeugt von Mut, vielleicht auch von Verrücktheit, aber in jedem Falle ist es etwas, das man gesehen haben muß, um es zu glauben. Hinzu kommt - mea culpa! -, das Element des Absurden, Unerwarteten, brüllend Komischen, das sich in Szenen wie den oben erwähnten (und unzähligen anderen) Bahn bricht und GoG einfach verdammt unterhaltsam macht - auf einem Schenkelklopfer-Level, der - zugestanden! - dem von
Braindead nahe kommt. Aber manchmal braucht's das einfach! =)
Zu Risiken und Nebenwirkungen befragen Sie die
IMDB oder astrogirl - die weiß Bescheid.
astrogirl,
Dienstag, 24. Februar 2004, 16:35
Ja, ich meine da ein Tränchen in deinem Augenwinkel gesehen zu haben, war aber davon ausgegangen, daß die von den unkontroliierten Lachanfällen stammte, die uns beide beim Schauen des Films permanent heimsuchten.
Du solltest wirklich öfter so etwas schreiben (ja, ich weiß, erst einmal die Zeit dazu haben...).